Wie das Landverkehrsabkommen die Schweizer KMU schützt

Wenn sich Milliardäre für das Volk einsetzen, dann wir es in aller Regel gefährlich für das Volk! So geschieht es gerade, wenn sich die Partner der Partners-Group (einer Finanzholding) gegen den Abschluss der bilateralen Abkommen (Bilaterale III) mit der Europäischen Union engagieren. Sie versteigen sich zur Aussage, dass «keiner der EU-Verträge den Schweizer KMU irgendeinen Vorteil» bringt.

Machen wir das Exempel am Beispiel des Landverkehrsabkommens (LVA), dass die Schweiz 1999 mit der Europäischen Union (EU) abgeschlossen hat.

Mit dem LVA wird im Strassenverkehr der Marktzugang garantiert. Schweizer Transportunternehmen können Transporte zwischen den Staaten der EU durchzuführen (grosse Kabotage). Anerkannt werden die Berufszulassung als Strassentransporteur, die Vorschriften zu den Lizenzen für Strassentransporteure, wie auch die Lenk- und Ruhezeiten für Chauffeure.

Mit dem freien Netzzugang für Bahnunternehmen gewähren sich die Schweiz und die EU im grenzüberschreitenden Güterverkehr Zugangsrechte zum Schienennetz. Bei der Bahn gelten einheitliche technische Spezifikationen sowie gleiche Anforderungen an die Eisenbahnsicherheit, was einen grenzüberschreitenden und sicheren Zugverkehr und die effiziente Nutzung der NEAT erlauben. Gemeinsame Verfahren der Schweiz und der EU für Sicherheitsbescheinigungen für die Eisenbahnverkehrsunternehmen (als Voraussetzung für den Netzzugang) sowie Zulassungsverfahren für Rollmaterial ermöglichen effizientere Verfahren und Kosteneinsparungen. Die technische Harmonisierung und deren gegenseitige Anerkennung stärken die Position der schweizerischen Bahn- und Mobilitätsindustrie im europäischen Markt. Sie kann neue Technologien im Schweizer Markt entwickeln und diese im EU-Binnenmarkt anbieten.

Mit einer dynamischen Rechtsanpassung (die keine automatische Rechtsanpassung ist!) werden die Bestimmung der EU in das Schweizer Recht überführt. Zu jeder gesetzlichen Anpassung braucht es eine Vorlage und die Zustimmung des Parlaments. Ein Referendum gegen die Gesetzesänderungen bleibt möglich.

Mit den Bilateralen III wird die Streitbeilegung geregelt. Ein paritätisches Schiedsgericht entscheidet künftig bei Differenzen. Wenn es um Auslegungsfragen zum europäischen Recht im Gebiet der EU geht, wird eine Stellungnahme des Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingeholt. Der EuGH ist das zuständige Gericht zu Auslegungsfragen des europäischen Binnenmarktrechts, so dass dies eine Selbstverständlichkeit ist; genauso wie bei der Auslegung von Schweizer Recht das Bundesgericht die letzte Instanz ist. Haben sich die Schweiz und die EU auf spezielle Regeln verständigt, etwa Spezialregeln für die Schwerverkehrsabgabe oder die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit, gilt dieses Recht. Am Ende des Verfahrens wird das paritätische Schiedsgericht beurteilen, wie das Recht auszulegen ist. Der Schweiz bleibt die Möglichkeit, die umstrittenen Bestimmungen nicht in Schweizer Recht zu überführen. In diesem Fall kann die EU kompensierende Massnahmen ergreifen.

Mit dem Landverkehrsabkommen und den weiteren bilateralen Abkommen hat die EU die Eckwerte der Schweizer Verkehrspolitik akzeptiert:

  • Nachtfahrverbot für den Schwerverkehr zwischen 22 und 5 Uhr;

  • Sonntagsfahrverbot für den Schwerverkehr;

  • leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) mit deutlich höheren Abgabesätzen als in der EU;

  • Kabotage-Verbot für EU-Transporteure bei Transporten in der Schweiz, was einen vollständiger Konkurrenzschutz für Schweizer Fuhrhalter (meist KMU) darstellt;

  • Verbot der Erhöhung der Strassenkapazität im alpenquerenden Verkehr (Alpeninitiative);

  • gleichwertige Arbeitsbedingungen im grenzüberschreitenden Bahnverkehr, was bei einer kontrollierten Öffnung des internationalen Personenverkehrs die Schweizer Sozialstandards und das Lohnniveau schützen.

Das Landverkehrsabkommen ist ein Marktzugangsabkommen zum EU-Binnenmarkt und ein Schutzabkommen für den Schweizer Binnentransportmarkt. Die Schweizer KMU im Strassengüterverkehr sind existentiell auf den Weiterbestand und die Weiterentwicklung des LVA angewiesen. Diese Weiterentwicklung gibt es nur, wenn ein Vertrag zu den Bilateralen III mit der EU abgeschlossen werden kann.

Was motiviert die Gegner der Bilateralen III zu ihren Falschaussagen? Eigennutz! Die Finanzbranche lebt von Regulierungsdifferenzen, dh. vom Rosinenpicken.. Sie wenden sich generell gegen jede Regulierung im Inland wie im Ausland, da sonst ihre Milliardengewinne gefährdet wären (wobei gerade im Finanzbereich kein bilaterales Abkommen besteht, das zu Rechtsangleichungen führen würde). Wenn es dann wieder mal schief geht, übernehmen die Schweizer Steuerzahlenden die Verluste.

Die Gegner der Bilateralen III gefährden mit ihren Aussagen die Existenz vieler KMU in der Schweiz (ua. Fuhrhalter, Unternehmen der Bahnindustrie, Güterbahnen) und die zentralen Elemente der Schweizer Verkehrspolitik!

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Schienengüterverkehr: Weichen für die Zukunft auch organisatorisch stellen!